Kaffee aus Puerto Rico

Das ist Kaffee aus Puerto Rico. Um es klar zu stellen: nicht nur der Kaffe ist aus Puerto Rico, auch die Milch und das Gas, mit dem wir ihn gekocht haben. Der beste Kaffee, den wir seit einiger Zeit getrunken haben.

Kaffeeadapter

Zuhause haben wir einen Elektroherd, aber manchmal habe ich mir dort einen Gasherd gewünscht. Auf der Sameera kochen wir mit Campinggas. Das gilt unter Seglern in Europa als vergleichsweise teure, dafür aber „deppensichere“ Art und Weise, diesen Brennstoff an Bord mitzuführen. Die typischen blauen Flaschen in Standard Größen gibt es in fast allen Ländern der Welt, oder sie werden unkomplizert befüllt. Ich würde nicht soweit gehen zu sagen, dass ich nur deswegen gerne auf der Sameera unterwegs bin, aber den morgendlichen Kaffee auf dem Gasherd zu kochen, das ist doch ein Stück Lebensqualität beim Segeln.

Auf unserer Segelreise überqueren wir Grenzen. Grenzen von Ländern, von Sprachen, eigene und bisweilen anderer Leute persönliche Grenzen. Für das Überqueren von Landesgrenzen mit dem Segelboot gibt es eigene Begriffe und Tätigkeiten: „Einklarieren“ beschreibt den Prozess des Anmeldens von Schiff und Crew in dem Land, über dessen Grenze man eben eingereist ist. Der Ablauf ist immer ähnlich: Der Skipper macht sich landfein und begibt sich nach der Einreise zum Zoll- und Immigrations Büro. Dort werden viele Daten aus den Schiffspapieren und Reisepässen in die ortsüblichen Formulare mit der ortsüblichen Anzahl von Durchschlägen – drei bis fünf- eingetragen, diese werden dann von Zoll- und danach Immigration-Offiziellen abgestempelt. Der Skipper unterschreibt die Kenntnisnahme der ortsüblichen Gesetze, zahlt den ortsüblichen Obolus, und erhält dafür das „Cruising Permit“, welches es erlaubt, in den Gewässern des Landes zu Segeln und zu Ankern.

Man kann sich gut auf diese Überquerungen vorbereiten, und sollte das auch tun: Die Grenzen sind klar in den Seekarten verzeichnet, die ortsüblichen Details lassen sich vorab im Internet recherchieren. Das ist ein beliebtes Gesprächsthema unter Seglern und kann die Reiseroute beeinflussen: „Wir fahren nicht nach XY, das Cruising Permit dort kostet ja über 300 US$“.  Oder: „für die paar Tage in YZ ist mir das Einklarieren dort zu aufwendig“.
Wir haben auch schon Einklariert, ohne alle Details im Vorfeld zu kennen.  Das funktioniert manchmal ganz gut. Die Offiziellen sind entgegen aller Gerüchte meist hilfsbereit und heutzetage auch nicht mehr auf das Bargeld schlecht informierter Segler aus.

Etwas besonderes ist jedoch das Einreisen in die Gewässer der USA. Die Vorbereitungen sind größer als bei jeder anderen Grenze. Monate vorher haben wir im Internet Formulare ausgefüllt, um die Visa zu beantragen. Waren auf Barbados in der US Botschaft für ein Interview, haben  unsere Pässe abgegeben und konnten sie erst nach einigen Tagen -inklusive der Visa- wieder abholen.

Und waren dennoch nervös, als wir von den Virgin Islands Richtung Puerto Rico segelten.  Auf Culebra wollten wir für die US-Gewässer Einklarieren. Am Tag vorher musste eine befreundete Crew Strafe zahlen und wurde wieder zurück geschickt, weil sie die falschen Visa hatten. Für uns aber hatten sich die vielen Stunden am Rechner gelohnt: Alles war korrekt, die Dame von CPR freundlich und hilfsbereit und das Cruising Permit nicht mal besonders teuer.

Wir hatten es geschafft, diese Grenze zu überqueren. Nach einigen entspannten Tagen auf Culebra segelten wir weiter nach Fajardo. Zeit, unsere Essensvorräte mal wieder richtig aufzufüllen, hier gibt es Infrastruktur, ein Mietauto muss her. Einfach umherfahren, Land und Leute erkunden, das gefällt uns hier richtig gut: Alle sind freundlich, sprechen verständliches Spanisch und, falls unser Spanisch nicht reicht, auch noch Englisch. Dazu läuft als Soundtrack ständig coole Latino-Musik.
Das Angebot in den Supermärkten ist sensationell, von jedem Ausflug bringen wir Vorräte mit und bunkern sie in der Sameera. Und scheinbar kochen hier alle mit Gas! Uns fällt auf, dass die LPG Flaschen hier allgegenwärtig sind. Auf PickUps und Lastern werden sie ausgeliefert, hinter jedem Haus und jedem Restaurant gibt es einen kleinen Anbau dafür. Während eines halben Tages fahren wir bei mindestens drei Gashändlern vorbei.  An einem der nächsten Tage werden wir also unsere blauen Flaschen im Auto mitnehmen, um auch die Gasvorräte aufzufüllen.

Wir haben nicht alle Grenzen im Voraus erkannt. Manche haben wir nur geahnt, davon gehört, aber es versäumt die Konsequenzen für die eigene Crew zu prüfen. Und sie dann wieder vergessen. So lernen wir die Campinggaz-Grenze kennen. Klar, Puerto Rico gehört zu den USA, hier ist LPG Propan, es gibt andere Flaschen, andere Gewinde für die Befüllstutzen und vor allem: kein Campinggas.

Auf der Internetseite von WestMarine finden wir einen Adapter, der das Problem lösen soll. Ein paar Bronzefittinge, die den US-Befüllstutzen mit der europäischen Flasche verbinden. Aber jetzt sind die 114 US$ eine persönliche Grenze des Skippers, die nicht überschritten werden kann:  Segler sind Bastler, hier gibt es reichlich Ferreterieas und Baumärkte (cooler Name:  „National Lumber“) mit großer Auswahl. Kein Problem, das für einen Bruchteil der Kosten selber zu bauen. Aber nach einiger Zeit intensiver Suche wird uns langsam klar, dass wir die notwendigen Bauteile hier nicht finden.

Dann kommt das letzte Gas aus der letzten blauen Flasche und uns wird sehr schnell klar, dass die Lebensqualität stark negativ beeinflusst wird, wenn man gar keinen Kaffee mehr kochen kann.

Die persönliche 114 US$ Grenze gerät angesichts absehbar notwendiger Restaurantbesuche und der auflaufenden Miete für Auto und Liegeplatz unter Druck. Also bei WestMarine Formulare ausfüllen und den Adapter für einen Obolus von 157US$ inkl. Steuern und Expresslieferung bestellen. Das Überqueren dieser Grenze fällt dann gar nicht mehr schwer. Ein bisschen fühlt es sich an wie Einklarieren, um das nächste „Cooking Permit“ zu erhalten.

Die Lieferzeit beschert uns eine weitere Reise: Raus aus der Marina, wieder segeln und ankern. Ungewöhnlich günstige Winde bringen uns schnell nach Culebra zurück, wo wir uns so wohl gefühlt haben. Die Überquerung der Campinggas Grenze hatte uns vollkommen überrascht. Aber hier, beim Schnorcheln am Riff, erholen wir uns davon, essen vortreffliche belegte Brote und geniessen frischen Salat.

Vor fünf Uhr aufzustehen ist eine persönliche Grenze, die ich oft nicht überquere. Vor allem wenn es dazu keinen Kaffee gibt. Es macht dann keinen Unterschied in der Lebensqualität, ob der Kaffee nicht auf einem Gasherd oder nicht auf einem Elektroherd gekocht wurde.  Aber die Fähre nach Fajardo fährt um sechs und der Gasadapter ist da. Diesmal sind wir gut vorbereitet. Der Taxifahrer ist nett und fährt uns nicht nur zu Westmarine, sondern weiter zur Gasfüllstation. Das Gas überwindet die Grenze dank Adapter weitgehend unspektakulär und bleibt unter hohem Druck in den Flaschen drin.  Von uns hingegen fällt ähnlich hoher Druck ab, die Zeit bis zur Rückfahrt geniessen wir total glücklich.

erfolgreiche Gasbefüllung

Auf der Fähre gelten ähnliche Sicherheitsbestimmungen wie im Flieger, unter anderem dürfen keine Gasflaschen transportiert werden. Heute Nachmittag erweist sich diese Grenze als außerordentlich transparent, denn ausgerechnet unsere beiden Rucksäcke werden nicht mit dem Metalldetektor kontrolliert. Das war Severins Beitrag zu dieser Aktion!

Zurück auf der Sameera kochen wir uns den besten Kaffee der letzten Tage…