Kapverden – Inseltour

Die Kapverden auf unserer Reise besuchen zu können, war uns von Anfang an ein großes Anliegen. Zugegebenermaßen wussten wir eigentlich recht wenig über diese Inselgruppe und das Land, aber wir hatten die „Vision“, dass es etwas ganz Besonderes sein würde. Normalerweise liegt dieser Archipel ja nicht gerade „auf dem Weg“ irgendeiner Reise. Dass die Route der Barbados 50-Ralley über die Kapverden verläuft, haben wir entsprechend mit Freude aufgegriffen. Diese Inseln, so hatten wir gehört, sollen echte Perlen sein: touristisch kaum erschlossen, landschaftlich besonders reizvoll, voller post-kolonialer Kraft und kreolischer Identität. Jede Insel hat dabei ihre eigene kulturelle Ausprägung, so z.B. gilt Santiago als die „afrikanischste“ der Inseln, Brava hingegen als am wenigsten erschlossener grüner Einod.

Und genau so haben wir es in den vergangenen 3,5 Wochen erlebt!

Nach der ersten Woche in Mindelo auf Sao Vicente, das uns als quirlige Hafenstadt mit „Großstadt-Flair“ bereits begeisterte, haben wir uns am 23. Oktober mit insgesamt 15 anderen Booten auf den Weg zu einer knapp zweiwöchigen Kapverden-Insel-Tour gemacht.

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Der Besuch der nördlichsten Insel des Archipels, Sao Antao, stand für uns leider zunächst einmal sehr unter dem Eindruck einer Magen-Darm-Grippe, die uns „Sameeras“ erwischt hatte und die uns leider einige Tage lang die Laune versemmelte… Daher statteten wir Sao Antao nur eine kurze Stippvisite ab, betrachteten die Insel aus der Entfernung (Ankern am Strand) und blieben krankheitsbedingt lieber an Bord.

Als nächstes Ziel stand Brava  auf dem Plan. Die Insel liegt 120 Seemeilen süd-östlich von Sao Antao entfernt. Gnädigerweise hatten wir ruhiges, phantastisches Segelwetter , das uns mit durchschnittlich 4-6 Knoten und ohne „große Aktion“ Richtung Brava segeln lässt. Wir waren darüber mehr als glücklich, denn sowohl Roland als auch ich waren zu dem Zeitpunkt von besagtem Infekt ziemlich angeschlagen und hätten widrigen Wetterverhältnissen wohl nur mit Mühe etwas entgegensetzen können. Die Nachtwache fällt schwer und wir sind heilfroh, als wir am Morgen des 25. Oktobers Brava erreichen und auch gleich einen guten Ankerplatz in der Bucht von Faya d´Agua vorfinden.  8 der insgesamt 16 Boote sind schon vor Ort. Für die ansonsten eher sehr einsame Bucht ist das Bootsaufgebot eine absolute Seltenheit, die für helle Aufregung unter den Einheimischen sorgt: Touristen verirren sich hierher sonst nur außerordentlich sporadisch!

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Faya d´Agua / Brava „downtown“:

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Sogleich wird uns Gästen angeboten, dass die 3 Bars vor Ort sich zusammentun, um für uns ein Fischmenü aufzukochen. Wir nehmen dieses Angebot gern an! Inzwischen ist über Brava ein orkanartiger Regen ausgebrochen – zur großen Freude der knapp 4000 auf der Insel lebenden „Bravianer“, denn das gibt es nur 2 – 3 mal pro Jahr – und die hiesige Landwirtschaft kann es gut vertragen. Provisorisch werden die mit Palmblättern verschatteten Terrassen der Bars mit zusätzlicher Plane gegen die Regengüsse geschützt, es werden Stühle aus den benachbarten Privathäusern herangetragen, viele neugierige Augenpaare beobachten uns Fremdlinge.

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Die Stimmung ist außerordentlich freundlich und aufgeschlossen uns gegenüber. Das Essen (Tunfisch mit Süßkartoffeln, Reis und Soße) ist unglaublich köstlich!

Trotz des Regens machen wir uns zu Wanderungen und Spaziergängen in die nähere Umgebung auf: z.B. bis zum Flughafen von Brava – ein total bizarrer und verlassener Ort, denn die Gebäude und die Landebahn stehen direkt an der Steilküste neben dem tosenden Meer – der Flughafen wurde nie eingeweiht, sie stehen als Ruine in Wind und Wetter (wahrscheinlich haben die Piloten angesichts der flugtechnischen Herausforderung vor dem ersten Anflug den Dienst quittiert?!). Ohne Flughafen bleibt der Insel der größere Tourismus verschlossen, nur Individualreisende verschlägt es von Zeit zu Zeit hierher, die per Fähre (oder Segelschiff) anreisen müssen.

Auf der Weiterfahrt zur Nachbarinsel Fogo zieht ein heftiges Unwetter auf. Dieses sorgt auch im Hafen von Fogo für solche Unruhe, dass uns abgeraten wird, dort – wie eigentlich geplant – anzudocken. Also drehen wir, wie alle anderen Barbados-50-Boote, wieder ab und kehren zurück nach Brava. Dort ist es ja so schön, dass wir gern dort Schutz suchen – und weitere Ausflüge über die Insel unternehmen, bis wir wieder nach Fogo aufbrechen können.

Die  beiden Inseln Brava und Fogo liegen eigentlich nur 25 Seemeilen voneinander entfernt – aber die haben es in sich…  Im zweiten Anlauf nach Fogo kommt  der Wind böig von vorn – wir müssen hoch am Wind fahren und viel kreuzen – 25 Seemeilen können ganz schön lang werden…

Fogo ist die Insel, die durch den noch aktiven Vulkan Pico de Fogo stark geprägt ist: erst vor 2 Jahren gab es hier den jüngsten Vulkanausbruch, durch den ca. 800 Menschen aus ihren Häusern und Wohngebiet evakuiert werden mussten. Eine organsierte Bustour über die Insel führt uns direkt in das Vulkangebiet, das wie eine schwarze Mond- und Kraterlandschaft aussieht. Die Menschen, die hier leben, lieben „ihre Erde“, auch wenn ihr augenscheinlich nur mit großer Mühe etwas Grünes oder Essbares abzuringen ist. Unser Guide „Elder“ lebt selbst in dieser Region der Insel und führt uns voller Stolz über die Insel und auch in ein kleines Restaurant, das lokal angebaute / kultivierte Speisen anbietet. Sogar Wein wird hier angebaut – kaum zu glauben! Und er ist wirklich lecker!

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Es ist deutlich erkennbar, dass das Leben auf Fogo den Naturgewalten unterliegt und die dort lebenden Menschen nicht gerade vom Schicksal verwöhnt werden und wurden… Das flösst uns eine tiefe Hochachtung ein.

Fogo ist touristisch – wie Brava – so gut wie nicht erschlossen – sieht aber im Tourismus eine große Zukunftschance und erhofft sich, dass dieser Wirtschaftszweig expandiert. Allerdings gibt es auf der Insel nur wenig Strände – auch für Segler ist es schwierig, die Insel anzufahren: nur aufgrund einer Ausnahmeregelung konnten wir in dem Fährhafen anlegen – und zwar nur in dem Zeitfenster, in dem keine Fähre den Hafen anfährt.

Wir verlassen Fogo entsprechend am Sonntagabend – und müssen zunächst an der Westküste der Insel Richtung Norden durch die schwarze Nacht motoren. Dann plötzlich gibt es ein Problem mit unserem Steuerbord-Motor. Er fällt aus, lässt sich auch trotz guten Zuredens und Situationsanalyse von Roland (kopfüber im Motorraum steckend) nicht mehr zum Laufen bewegen. Auch der Autopilot streikt unter diesen Bedingungen – und so ackert der Backbord-Motor bei Gegenwind und -Strömung mit nur 2 Knoten Fahrt handgesteuert Richtung Nordspitze der Insel, von wo aus wir endlich Segel setzen können. Am nächsten Vormittag erreichen wir so die Nachbarinsel Santiago. Die erste Bucht, die sich bietet, „ist unsere“, um den Motorschaden in Ruhe und auch tauchend untersuchen zu können.

Da zeigt sich die Ursache des Schadens schnell: wir haben uns eine Leine gefangen, die sich um die Motorschraube (saildrive) gewickelt hat….

 

Die Leine ist nach ein paar Tauchgängen Gott sei Dank leicht zu entfernen. Aber damit scheint das Problem nicht nachhaltig gelöst: es scheint Salzwasser ins Getriebe einzudringen –

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und so kontaktieren wir gleich mal über Satellitentelefon den Bootsservice in Mindelo, damit der Schaden möglichst vor unserer Abreise zur nun nahe bevorstehenden Atlantiküberquerung behoben werden kann…. hoffentlich….

In der erwähnten Bucht bleiben wir bis zum Abend, dann legen wir wieder ab, denn der vorhergesagte Wind ist für die kommenden 24 Stunden günstig, um mit 90-Grad-Wind nach Sao Nicolao gelangen zu können.

Diese quirligen Freunde überraschen uns kurz vor Sao Nicolao:

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Das klappt wie am Schnürchen, am nächsten Mittag erreichen wir den vermeintlich schönsten Strand / spot der Kapverden überhaupt: Punta do Papagaios auf Sao Nicolao (weisser Sandstrand, absolut einsame Bucht, davorgelagertes Riff, ideal zum Schnorcheln und Fische-Erkunden). p1170355-klein-papagaio-abendstimmung

Dort erwarten uns voller Vorfreude schon die Laridaes und einige andere Boote, die sich nicht mit auf die Tour zum Besuch der südlichen kapverdischen Inseln begeben hatten.p1170338-klein-halloween

Die kommenden drei Tage in dieser Bucht lassen wir es sehr ruhig angehen, feiern aber jeden Nachmittag eine Beachparty: Halloween-Party mit Masken der Kinder, Geburtstagsparty von Simon von der „Aura“ und BBQ am Strand mit Fisch, Chips und mitgebrachten Getränken. Die Kinder der verschiedenen Boote genießen dieses Strandleben sichtlich und freuen sich auch, wieder so viel Zeit miteinander verbringen zu können.

Severin macht einen Intensivkurs „Schnorcheln“ mit Roland – und stellt sich sehr geschickt dabei an, sodass er schon beim ersten Ausflug zum Riff ganz viele bunte Fische, Muränen, Korallen beobachten kann – er ist völlig aus dem Häuschen! Zu seinem (und unserem) großen Glück können wir abends auch noch beobachten, dass 2 Schildkröten um unser Boot herum schwimmen. Nachts sausen unzählige Sternschnuppen quer über den Himmel.

Severin´s Bilder und Zeichnungen der kommenden Tage sind eindeutig von diesen Eindrücken geprägt!

Während der Fahrt vertieft sich Lorenz in Geschichtslektüre:

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Am 3. November brechen wir auf, um nach Mindelo zurückzukehren. Dort werden die letzten Tage für ultimative Proviantierung, Reparaturen etc. genutzt. Aber auch ein Ausflug per Fähre nach Soa Antao („grüne Kornkammer der Kapverden“ mit üppigen Papaya-, Mango-, Bananen- und Zuckerrohr-Anbauten) steht auf dem Programm, da wir ja von dieser Insel – siehe anfängliche Beschreibung – nur sehr wenig gesehen hatten.

Wow, können wir nur sagen: die Kapverden waren für uns ein extrem intensives Erlebnis! Wie schön, dass unsere Reise uns hierher geführt hat!